Als russischer Formalismus wird eine literaturtheoretische Schule bezeichnet, die etwa um 1915 entstand, aber bereits 1930 aus ideologischen Gr?nden unterbunden wurde. Die Lehre und Methodik des russischen Formalismus kann als fr?he Auspr?gung des von Ferdinand de Saussure begr?ndeten Strukturalismus bezeichnet werden.In einer literaturwissenschaftlichen Situation, in der einigerma?en wahllos hermeneutische, biographische oder auch psychologische Deutungsmethoden an literarische Texte herangetragen wurden, beschlossen die russischen Formalisten, sich ausschlie?lich dem literarischen Text selbst zuzuwenden, dem literarischen Faktum. Die Kernfrage ihrer Arbeit lautete: Was macht ein literarisches Kunstwerk zu einem solchen, was ist die Literarizit?t bzw. die Poetizit?t eines Sprachkunstwerks?Dies war ein entscheidender Schritt in die Richtung moderner Literaturtheorien, denn es ging nicht mehr um Fragen, was ein literarisches Kunstwerk sei, also die Kriterien, die man zur Kanonisierung von Literatur verwendet. Vielmehr untersuchten die russischen Formalisten, wie literarische Texte ?gemacht? seien, sie interessierten sich f?r die verschiedenen Verfahren, mit denen literarische Texte erzeugt werden. Hierbei analysierten sie die diversen Verfahren der ?Verfremdung? und stellten fest, dass solche Verfahren die Aufmerksamkeit des Lesers vom Inhalt oder der Bedeutung weg auf das ?Gemachtsein? des Textes selbst lenken. Im Verfahren der Verfremdung sahen sie daher ein f?r literarische Texte konstitutives Konstruktionsprinzip und bezeichneten diese autoreflexive Dimension sprachlicher Kunstwerke als deren ?poetische Funktion?. Ein wichtiges Konzept, das in diesem Zusammenhang entstand, ist das der literarischen Evolution, das auf Wiktor Schklowski und Juri Tynjanow zur?ckgeht.Im russischen Formalismus wurden besondere Formen der semantischen, lautlichen oder strukturellen Oppositionen untersucht, die als eine Art Subtext die Bedeutung literarischer Texte determinieren. Diese oppositionellen Strukturen wurden dann insbesondere im Strukturalismus genau erforscht.Die russischen Formalisten haben sich auch intensiv mit dem Medium Film auseinandergesetzt.
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